„GLEICHBERECHTIGUNG SIEHT ÜBERALL ANDERS AUS.“
Ich bin in Libyen geboren, aber meine Reise führte mich über Italien und Ghana nach Österreich. Mit einem Jahr brachten mich meine Eltern zu Verwandten nach Ghana, während sie in Italien arbeiteten, und ich wuchs bis zum Schuleintritt dort auf. Mit sechs Jahren holten sie mich nach Italien, wo ich dann die Schule besuchte und studierte. Während der Schulzeit verbrachte ich zwei Sommerferien in London und während des Studiums lebte ich 9 Monate lang in Passau.
Gemeinsam mit meinem Mann bin ich dann nach Tirol gezogen. Nun lebe ich seit 13 Jahren in Österreich und arbeite im Bereich Finanzen & Controlling.
Ich fühle mich an mehreren Orten zuhause, das ist manchmal schwierig zu erklären. Ich habe mich nie zu 100 Prozent als Italienerin gefühlt, obwohl ich akzentfrei Italienisch spreche. Aber wenn ich in Ghana bin, dann falle ich mit meinen europäischen Verhaltensweisen genauso auf wie hier mit meinem Aussehen. Manchmal erlebe ich schon seltsame Blicke im Bus und frage mich: Ist das jetzt Rassismus, oder bloß Interesse? Trotzdem ist Tirol für mich inzwischen mein Zuhause.
Finanzielle Unabhängigkeit als Schlüssel
Meine Kindheit war also geprägt von verschiedenen kulturellen Einflüssen. In Ghana erlebte ich eine traditionelle Rollenverteilung, wo Frauen* hauptsächlich für Haushalt und Kinderbetreuung zuständig waren. In Italien sah ich, wie meine Eltern eine gleichberechtigtere Partnerschaft lebten, auch wenn meine Mutter oft die Doppelbelastung von Arbeit und Hausarbeit trug.
Diese Erfahrungen haben mein Verständnis von Gleichberechtigung geprägt. Ich erkannte früh, wie wichtig finanzielle Unabhängigkeit für Frauen* ist. Mein erstes Praktikum in einer Bank weckte meine Leidenschaft für Finanzen und beeinflusste meine Studienwahl: Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Finanzen.
Mein Berufsweg führte mich durch verschiedene Branchen und Positionen. In der Transportbranche lernte ich Konfliktmanagement und Stressresistenz. Bei EGLO Leuchten arbeitete ich als Vertriebsassistentin, Sales-Controllerin und danach als Projektmanagerin in einem internationalen Umfeld. Dort habe ich auch erfahren, was die gläserne Decke im Arbeitsleben bedeutet: Auf Vorstandsebene gab es lange Zeit nur Männer*. Jetzt arbeite ich bei Frauen* im Brennpunkt in einem überwiegend weiblichen Team und genieße den Austausch und die Zusammenarbeit unter Frauen*. Diese Erfahrung zeigt mir, wie wichtig Diversität in Unternehmen ist.
Warum Finanzbildung wichtig ist
Meine Erfahrungen in der Finanzbranche haben mir gezeigt, dass viele Frauen* zu wenig über Geldmanagement und Investitionsmöglichkeiten wissen. Ich glaube, dass finanzielle Bildung ein Schlüssel zur Gleichberechtigung ist. Schulen sollten mehr Wert auf
wirtschaftliche Bildung legen, von der Grundschule bis zur Universität.
Mein Rat an Frauen*: Informiert euch, nutzt Bankberatungen und scheut euch nicht vor Investitionen. Diversifikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Auch kleine, regelmäßige Beträge können langfristig viel
bewirken. ETFs (Exchange Traded Funds) sind eine gute Möglichkeit für Einsteiger:innen, da sie breit gestreut und relativ sicher sind.
Gleichberechtigung in verschiedenen Facetten
Meine Erfahrungen in verschiedenen Ländern haben mir gezeigt, dass Gleichberechtigung überall anders aussieht. In Österreich sehe ich mehr Fairness bei den Gehältern zwischen Männern* und Frauen* als in Italien. Allerdings gibt es auch hier noch Verbesserungsbedarf, besonders wen es um Frauen* in Führungspositionen geht.
In Ghana ist es für Frauen* interessanterweise oft einfacher, sich selbstständig zu machen, da es weniger bürokratische Hürden gibt. Das ermöglicht mehr Flexibilität, gerade für Frauen* mit Familie. Hier könnte Österreich von Ghana lernen und den Weg in die Selbstständigkeit erleichtern.
Wenn Frauen* die Zukunft gestalten
Für die Zukunft wünsche ich mir mehr Frauen* in Führungspositionen. Nicht nur als Abteilungsleiter:innen, sondern auch in der Geschäftsführung und im Vorstand. Dort können Frauen mehr Einfluss ausüben und für fairere Gehaltsverhältnisse sorgen.
Ich glaube, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Jede Generation macht Fortschritte, und ich bin zuversichtlich, dass wir weiterhin
Schritte in Richtung Gleichberechtigung machen werden. Es braucht Zeit, aber mit Bildung, Mut und gegenseitiger Unterstützung können wir viel erreichen.
Oktober 2024